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DiGA: Apps auf Rezept

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Ärzte und Psychotherapeuten können bestimmte Gruppen medizinischer Apps – sogenannte DiGA – auf Kassenrezept verordnen. Welche Erwartungen hat der Gesetzgeber an die “Apps auf Rezept”? Wie läuft das Prüfverfahren ab? Und worauf müssen Praxen bei der Verschreibung und Abrechnung achten?

 

Was sind DiGA genau?

“ Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Medizinprodukten niedriger und höherer Risikoklasse, deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht und die dazu bestimmt sind, bei den Versicherten oder in der Versorgung durch Leistungserbringer die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen zu unterstützen (digitale Gesundheitsanwendungen).“ §33a SGB V

Die Bandbreite möglicher Anwendungen reicht von Psychotherapie über Diabetologie und Onkologie bis hin zu Logopädie und Physiotherapie. Auf die Unterstützung der psychischen Gesundheit zielen DiGA, die z. B. in der kognitiven Verhaltenstherapie, zur Emotionsregulation oder zur Bewältigung von Stress genutzt werden sollen.

 

Die Erwartungen des Gesetzgebers an DiGA

Mit der gesetzlich verankerten Stärkung von digitalen Gesundheitsanwendungen soll der Zugang zu therapeutischen Angeboten erleichtert und die Versorgung der Patient:innen effizienter, moderner und patientenorientierter gestaltet werden. Auch in der psychotherapeutischen Versorgung sieht das Bundesministerium für Gesundheit Chancen:

1. Minderung von Versorgungsengpässen
Die in psychotherapeutischen Praxen verfügbaren Kapazitäten reichen häufig nicht aus, um die Nachfrage zeitnah zu decken. Online-Therapieprogramme, die als DiGA zugelassen sind, sollen helfen, den Leidensdruck von Patient:innen zu mindern – beispielsweise mit Apps, die auf das Selbstmanagement abzielen oder psychoedukative Inhalte vermitteln.

2. Niederschwelliger Zugang
Viele Betroffene haben Hemmungen, über ihre mentalen Probleme zu sprechen oder die Komfortzone innerhalb der eigenen vier Wände zu verlassen. Der Gesetzgeber möchte mit DiGA einen unkomplizierten, anonymen Zugang zu therapeutischer Unterstützung bereitstellen.

3. Moderne Therapieansätze (“Blended Therapy”)
Digitale Gesundheitsanwendungen sollen enger mit dem Therapieprozess vernetzt werden und als ergänzendes Werkzeug zum Einsatz kommen. Beispielsweise können Psychotherapeut:innen DiGA für Übungen und Interventionen verordnen, um Patient:innen zwischen den Face-to-Face-Sitzungen zu unterstützen und die Verankerung im Alltag zu stärken. Darüber hinaus soll erprobt werden, ob der Einsatz von DiGA in der Nachsorge zu einem nachhaltigeren Therapieerfolg beitragen kann.

4. Datenbasierte Therapieplanung und -kontrolle
Bei vielen DiGAs ist es möglich, dass die Praxen – mit Zustimmung der Patient:innen – Daten beispielsweise aus Schmerz- und Schlaftagebüchern auslesen. Diese Daten können patientenseitig papierbasiertes Symptomtracking ersetzen und stehen praxisseitig mit wenigen Klicks für das Therapiemanagement zur Verfügung.

 

Wie erhalten Patient:innen Zugang zu DiGA?

DiGA können entweder von Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen per Rezept (Muster 16) verordnet werden oder Versicherte stellen bei entsprechender Indikation selbst einen Antrag bei ihrer Krankenkasse. Die Krankenkassen prüfen den Leistungsanspruch und müssen gemäß gesetzlich geforderter Frist innerhalb von 2 Tagen einen Freischaltcode für den Download generieren. Voraussetzung für die Rezept- und Erstattungsfähigkeit ist in jedem Fall eine Listung im DiGA-Verzeichnis.

Ablauf und Umfang des DiGA-Prüfverfahrens

Im Unterschied zu ungeprüften Gesundheits-Apps müssen DiGA ein Bewertungsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchlaufen. Nur Apps, die die Anforderungen des BfArM an Datenschutz und Datensicherheit, Benutzerfreundlichkeit, Interoperabilität und positiver Versorgungseffekte (pVE) erfüllen, werden in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen. Das Verfahren ist als sogenannter „Fast Track“ konzipiert, d.h. das Bewertungsverfahren soll spätestens drei Monate nach Eingang des Aufnahmeantrags abgeschlossen sein.

 

Geforderter Evidenznachweis

Positive Versorgungseffekte können entweder durch einen medizinischen Nutzen (z.B. Verbesserung des Gesundheitszustandes) oder durch patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen (z.B. durch Unterstützung bei der Bewältigung krankheitsbedingter Schwierigkeiten im Alltag) in der Versorgung belegt werden. Der Nachweis wird durch vergleichende klinische Studien geführt, meist in Form randomisierter Kontrollstudien. Falls der Evidenznachweis nicht bereits vor dem Antrag für die Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis möglich ist, kann das BfArM eine vorläufige Erstattungsfähigkeit für 12 Monate genehmigen (nur für Risikoklasse I und IIa, nicht für Risikoklasse IIb).

Geplant ist außerdem, die Preisgestaltung der DiGA stärker an Erfolgskriterien zu binden (20 Prozent „erfolgsabhängiger Preisbestandteile”). Im Digital-Gesetz (DigiG) wurde deshalb die Einführung einer anwendungsbegleitenden Erfolgsmessung für alle im Verzeichnis gelisteten DiGA zum 1.1.2026 obligatorisch festgelegt. Die Ergebnisse dieser Erfolgsmessung müssen kontinuierlich vom Hersteller an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet und im Verzeichnis veröffentlicht werden. Genaue Parameter werden im Gesetz nicht definiert, im Gespräch sind laut BMG beispielsweise Kriterien wie Nutzungsdauer und Abbruchquote.

 

Die Abrechnung von DiGA

Anbieter von Praxisverwaltungssystemen (PVS) sind dazu verpflichtet, die im DiGA-Verzeichnis gelisteten Informationen aktuell und vollständig zur Verfügung zu stellen. So können Ärzt:innen und Therapeut:innen DiGA direkt über ihr PVS auswählen, auf die elektronische Patientenakte zugreifen und die Verordnung dokumentieren. Die Erstverordnung einer DiGA ist Bestandteil der Versicherten- und Grundpauschalen sowie weiterer Leistungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM). Für einige DiGA hat das BfArM ärztliche oder psychotherapeutische Tätigkeiten der Verlaufskontrolle und Auswertung festgelegt, mit einer zusätzlichen Vergütung für Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen. Diese Zusatzvergütung wird für jede Anwendung, die dauerhaft im DiGA-Verzeichnis gelistet wird, neu festgelegt.

 

Ausblick

Um den Stellenwert digitaler Gesundheitsanwendungen in der Gesundheitsversorgung zu stärken, ist das Bundesministerium für Gesundheit im Dialog mit Spitzenverbänden und Krankenkassen und justiert die DiGA-Rahmenbedingungen laufend nach.

(Stand Dezember 2024)

Quellen & vertiefende Informationen:
(1) BMG
(2) WDR
(3) KBV
(4) BfArM
(5) Gesetzestext DigiG

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